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Die Goldhaube. Omas kulturelles Erbe

von 5. September 2014 bis 26. Oktober 2014

Die Goldhaube gilt als Krone der oberösterreichischen Landestracht. Ihr ist diese Ausstellung gewidmet. Gezeigt werden Gold-, Halbgold- und Schwarzhauben (Perl- wie Florhauben), eine Innviertler Fellhaube und auch ein Häubchen für Mädchen sowie künstlerische Arbeiten zum Thema von Irene Andessner, Gerhard Brandl, Moritz Götze, Judith Kaltenböck, Katharina Karner, Meinrad Mayrhofer und Elisabeth Peterlik.

Die Goldhaube war bürgerliches wie bäuerliches Statussymbol, das sich von der Stadt aufs Land verbreitete. In Österreich gab es von Vorarlberg bis nach Niederösterreich Gold- und Schwarzhauben in unterschiedlichen Spielarten. Die Wachauer Radlhaube z.B. zierte einst die 10 Schilling Münze. Die „Linzer Goldhaube“ ist jedoch für viele Experten die schönste aller österreichischen Goldhauben und „die schöne Linzerin“ mit ihrer Goldhaube wie auf dem kolorierten Stich von Proudhon war im 19.Jahrhundert Prototyp und Inbegriff der schönen Österreicherin.

Die Linzer Goldhaube, die im Innviertel getragen wird und sich auch bis Wien ausbreitete, ist das Endprodukt einer sicher tausend jährigen Entwicklung, die im 19.Jahrhundert ihre stilistische Vollendung fand. Bis 1850 mussten Frauen beim Kirchbesuch den Kopf mit einer Haube bedecken. Während Mädchen ein Häubchen trugen, waren Goldhauben verheirateten Frauen vorbehalten. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Haube gekommen“. Je nach Vermögen trugen sie die teurere Goldhaube oder die billigeren schwarzen Perl- oder Florhauben zur Festtracht. Schwarz war ursprünglich nicht Witwen und Traueranlässen vorbehalten, sondern galt generell als feierliche, festliche Farbe auch für kirchliche Anlässe. Reiche Bäuerinnen trugen im Innviertel auch Fellhauben. In Oberösterreich war zudem das schwarze Seidentaft-Kopftuch weit verbreitet, das kunstvoll mit ein bis vier Zipfeln oder in geschlossener Form gebunden wurde und das nach 1850 auch in der Kirche getragen werden durfte.

Die Herstellung einer Goldhaube ist zeitaufwändig und erfordert viel Geschick und Geduld. Goldhauben bestehen aus einem Drahtgerüst, dass mit einem Stoff überzogen wird, der mit Goldflinserln und Perlen bestickt wurde. Die Goldhaube ist am Hinterkopf als Böndel oder Knauf geformt und ist mit einer kunstvollen Schleife aus versteiftem Tüll oder schwarzer Borte bekrönt. Das Gold (auch wenn die Flinserln kein reines Gold sind) ist ein unvergänglicher Werkstoff, der Reichtum vermittelt und der beständiger ist als Fell oder Stoff. Jede Goldhaube ist an den Kopf ihrer Trägerin genau angepasst d.h. maßgeschneidert. Auch die Muster und Perlen sind individuell gewählt und zusammengestellt. Jede Goldhaube ist ein Unikat. Goldhauben wurden innerhalb der Familie weitervererbt und blieben in der Regel beim Haus. Sie wurden der Tochter oder der ins Haus zugezogenen Schwiegertochter weiter vererbt.

Die Goldhaube steht heute für Traditionsbewahrung und kam in Oberösterreich nie ganz aus der Mode. Zwischen 1870 und 1970 erlebten Goldhauben zwar weniger Aufmerksamkeit, aber auch in diesen Jahren gab es keine goldene Hochzeit, Primiz oder Fronleichnamsprozession ohne die Präsenz von Goldhaubenfrauen. Sie erst verleihen kirchlichen Festen den nötigen Glanz. Heute sind die oberösterreichischen Goldhaubenfrauen als „Goldhauben-, Kopftuch- und Hutgruppen“ organisiert. Sie verschönern nicht nur jedes kirchliche Fest, sondern sammeln auch für soziale Zwecke. Neben Anmut und Schönheit gehört heute soziales Engagement zum zentralen Aufgabenbereich der Goldhaubengruppen.

Goldhauben werden manchmal auch mit Kulturkonservativismus in Verbindung gebracht wie der Goldhauben Eklat von 2002 verdeutlichte. Damals wurde eine schwarzhäutige Grieskirchner Goldhaubenfrau als Titelfoto des neuen Folders der Goldhaubenfrauen noch von einigen abgelehnt. Auch in Zeiten von Conchita Wurst sind Männer mit Goldhauben noch ein Kuriosum. Laut Oberösterreichische Nachrichten (online 23.Januar 2014) hat jedoch die Linzer Goldhaubengruppe zwei männliche Mitglieder in ihrer Mitte, den Komponisten Alfred Peschek und den Maler Hubert Muthspiel. Noch sind Goldhauben den Frauen vorbehalten. Aber „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“ (Gustav Mahler) und auch die Goldhaubentradition ist ständiger Anpassung und damit Veränderungen unterworfen. Es liegt an uns das kulturelle Erbe unserer Großmütter anzunehmen und im 21.Jahrhundert mit Leben zu erfüllen.

Die zeitgenössischen Künstler und Künstlerinnen, die in der Ausstellung vertreten sind, haben sich auf unterschiedlichste Weise dem Thema Goldhaube genähert.

Irene Andessner ist in ihrer Selbstinszenierung Die schöne Linzerin von 2009 anhand von August Sanders Foto seiner Lebensgefährtin aus dem Jahr 1905 mit modernen Utensilien und Materialien (das Kostümdesign stammt von Ute Neuber) in die Rolle eingetaucht.

Gerhard Brandl malte in seiner Serie schwarz beruhigend in dunklen getragenen Farben einen übergroßen Prototyp einer Linzer Goldhaube.

Der deutsche Künstler Moritz Götze ist mit poppig bunten Emaillearbeiten vertreten: Goldhaubenmädchen, die an Schutzmantelmadonnen erinnern, und Linzer Torten, die mit Goldhaubenmotiven glasiert sind.

Katharina Karner lässt in ihrem Gemälde Same same but different eine Armada von Goldhaubenfrauen vor Palmen posieren. Sie erinnern in ihren bodenlangen schwarzen Kutten unwillkürlich an militante Missionare in einem fernen Land. In Karners Serie der unnützen Roboter, kurz K.U.R. genannt, findet sich unter dem Titel Avantgarde auch ein(e) Goldhaubenroboter(in).

Meinrad Mayrhofer wiederum hat in den 1980ern als sich Goldhaubengruppen in Oberösterreich neu organisierten in seinen satirischen Federzeichnungen das Thema in seinem ganzen Facettenreichtum umfassend behandelt. Seine Tuschzeichnungen erinnern auch daran, dass in Österreich die militärische Luftraumüberwachung und Luftraumabwehr unter dem Codenamen „Goldhaube“ operiert. Und über allem wacht die Goldtaube.

Elisabeth Peterlik bearbeitete die Halbgoldhaube ihrer Großmutter mit Schlangen, Salamandern, Fröschen, Schlangenknochen und einem Maulwurfschädel zur persönlichen Medusenhaube weiter.

Die Grieskirchner Künstlerin Judith Kaltenböck hat das Erbe ihrer Großmutter – mit 14 Jahren erbte die Künstlerin die Goldhaube der Großmutter – in zwei Fotoserien Goldhaube (Großmutters Erbe) bestickt und unbestickt verarbeitet. Die Goldhaube ihrer Großmutter, die sie zwar hütet wie einen Goldschatz, ist jedoch in ihrem Wiener Alltag zum Exotikum geworden. Mit Jeansjacke und hoch aufragend getragen wirkt sie wie ein fremdes Element aus einer vergangenen Zeit. Ihrer Arbeit, die ihren persönlichen Traditionsbruch visualisiert, verdankt die Ausstellung ihren Untertitel.

Die Ausstellung wurde durch das Museum Innviertler Volkskundehaus in Ried i.I., die Brunnhofer Galerie – Linz, die Brauerei Ried, die Goldhaubenfrauen Pramet und durch private Leihgeber und Leihgeberinnen unterstützt.